Yang-Chengfu-Tai-Chi-Chuan und Tuishou: Forum / Studio: Push-Hands-Treffen Hannover Berlin 2022, 2023

Willkommen bei unserem internationalen Yang-Chengfu-Tai-Chi-Forum - unser Netzwerk sucht Clubs, Center / Studios für Kontakt, Austausch und Treffen in ganz Europa

 

Die Tai-Chi-Prinzipien

Vorbemerkung: Das Tai-Chi-Prinzip und die Yin-Yang-Komplementarität

Hinter den an anderer Stelle behandelten Essentiellen Punkten steht das "Yin-Yang-Prinzip". Es ist der zugrundeliegende chinesische kulturell-philosophische Hintergrund, das Tai-Chi-Prinzip, nach dessen Gesetzmäßigkeit der Ausgleich von Yin und Yang in einem komplementären Wechselspiel von Gegensätzen erfolgt. Es berührt viele Praktizierende tief und nachhaltig, denn es kann Halt bei der Sinnsuche in einer sich ständig ändernden Welt geben. Das übergreifende "Tai-Chi-Prinzip" beschreibt im Daoismus die "höchste, äußerste Wahrheit" und wird im Zusammenhang mit dem "Yin-Yang-Prinzip" erläutert.

Die Tai-Chi-Prinzipien - die "Grammatik des Yang-Stils"

Altmeister Yangs vorausschauende Methodik hat dazu geführt, daß die ansonsten ja sehr unterschiedlichen Yang-Taijiquan-Stilrichtungen und ihre konkurrierenden Organisationen im Grunde eine übergreifende Einheit bilden, in der Kampfkunst, Meditation und Gesundheit in Theorie und Praxis zusammenwirken. Letztlich ist dies auch die Ursache für die hohe Effektivität und weite Verbreitung des Yang-Chengfu-Tai-Chi-Chuan. Die spannende und grundsätzliche Frage, ob diese Yang-Stil-Grundsätze auch für die anderen Stile Chen, Wu, Hao und Sun gelten, wird von den jeweiligen Experten unterschiedlich beantwortet.

Die Tai-Chi-Prinzipien - das "Taiji-Grundgesetz" der Commity

Hier geht es um das "Grundgesetz des Yang-Stils" und wie man die dazu gehörigen "Essentials" korrekt unterrichtet - andere Familienstile nutzen durchaus abweichende Trainingsgrundlagen mit abweichender Wertung und anderer Historie. Die Wahl der "richtigen Schule" ist bei diesem Grundsatz-Thema von besonderer Wichtigkeit - zumal ein Großteil der Lehrenden nur unqualifiziert ausgebildet ist und "gefühlte Esoterik-Fakten" als Tatsachen darstellt. Hier hilft die Lehrer-Checkliste des Tai Chi Zentrums Hamburg.

Wie andere Künste auch hat das "chinesische Schattenboxen" wichtige Grundsätze, die es unbedingt einzuhalten gilt, wenn man der Kunst gerecht werden und sie vollständig beherrschen will. Eine eminent wichtige Rolle spielen dabei die Lehrenden, denn sie sollen die Überlieferung und Wahrung ja gewährleisten. Eine ebenso zentrale Rolle spielt natürlich die textliche Ausgestaltung und das Vorleben dieser Richtlinien beim praktischen Unterrichten. Und bereits hier hapert es, denn die chinesischen "Taiji-Klassiker" sind ebenso lückenhaft wie vage - und Bedenklicher noch: Sie richten sich an "Eingeweihte" und keineswegs an Anfänger. Unschwer zu erkennen ist ihr inneres Anliegen: Ihre "Wushu-DNA", d. h. sie beschäftigt sich mit chinesischer Kampfkunst und ihren esoterisch-spirituellen Grundlagen, die zur Unbesiegbarkeit, Erleuchtung und Unsterblichkeit führen sollen. Angesichts dieser Sachlage ist es kein Wunder, daß man zu diesen doch so grundlegenden "Essentiellen Punkte für richtiges Taijiquan" so viel Falsches und Irriges geboten bekommt. Dies wird hier ausgeführt am wohl bekanntesten Protagonisten, dem Altmeister Yang Chengfu (1883-1936), der seine aus den Klassischen Schriften und seinen persönlichen Erfahrungen gewonnenen Erkenntnisse von seinen Schülern Chen Weiming und Zheng Manqing gemäß seinem persönlichen Diktat aufschreiben ließ.

Hinweis: Schon seit einigen Jahrzehnten beobachten Fachleute eine interessante Entwicklung: Zahlreiche Kampfkunst-Stilrichtungen versuchen, sich "innerlich aufzuhübschen", indem sie "innere Prinzipien", wie sie Yang Chengfu aus den Taiji-Klassikern übernommen hat, auch für ihren Stil reklamieren, ohne dies belegen zu können. Letzlich trägt übrigens der Meister selbst daran eine Mitschuld durch seine längst widerlegte Meinung, die Internals gäbe es nur im Taiji, Xingyi und Bagua. De facto waren sie, wie Forschungen zeigen, in einem großen Teil hochentwickelter Wushu-Stilen verbreitet - man denke nur an das auf chinesische Wurzeln zurückgehende Shindo Yoshin Ryu Jujutsu. Insofern hat es also durchaus seine Berechtigung, wenn sogenannte "externe Kampfkünste" ihre eigene Historie hinsichtlich dieser "Internals" genauer erforschen und recherchieren würden.

 

Meister Yang Chengfu und das "Yang-Chengfu-Tai-Chi-Chuan"

Yang-Chengfu Tai Chi Chuan - DTB-Centers and AffiliatesDer Yang-Luchan-Enkel Yang Chengfu (1883-1936) modernisierte und vereinfachte die überlieferte Form seines legendären Großvaters und unterrichtete das zuvor streng gehütete geheime Wissen seiner Familie an eine hohe Zahl von Schülern außerhalb des Familienkreises. Damit ist Altmeister Yang Chengfu sicher der bekannteste Yang-Stil-Meister aller Zeiten! Wesen und Persönlichkeit dieses berühmten Vertreters der 3. Generation Yang-Familie wird oft treffend beschrieben als "Composed, Serene, Relaxed". Die tiefgehenden Gemeinsamkeiten zum Qigong und zur Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) waren dem Meister stets sehr wichtig - insbesondere in den Kommentaren zu den Taiji-Prinzipien wird dies deutlich.

Die Zehn Tai-Chi-Prinzipien gemäß Yang Chengfu

Yang-Chengfu Tai Chi Chuan - DTB-Centers and AffiliatesDas Yang-Stil-Taijiquan ist sehr attraktiv. Seit Yang Chengfus Kommentaren seiner persönlichen Auffassung der Yang-Taiji-Prinzipien gilt die Stilrichtung auch als Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Diese Betonung des "Qi" gilt seither vielen als genialer Schachzug des Altmeisters. Und in der Tat sind die daraus resultierenden systematischen und inhaltlichen Vorteile von großer Bedeutung. Daß Meister Yang die Leitlinien für gutes, korrektes Tai Chi Chuan für seine Schüler in verbindliche Grundsätze faßte, ist ganz sicher ein bleibendes Verdienst des "großen Standardisierers", ohne das die weltweite Verbreitung wahrscheinlich fehlgeschlagen wäre. Es zegt sich daran, wie grundlegend Systematik, Standards und ihre Propagierung sind. Im größeren Zusammenhang von Forschung und Lehre sollte man jedoch stets auch kritisch Mängel und Defizite des mutigen Unterfangens behandeln.

Fachleute sehen dabei übrigens ein grundsätzliches Problem: Die Prinzipien stammen aus dem Kampfkunst-Bereich, doch das Interesse daran nimmt weltweit immer mehr ab. Angesichts dieser Entwicklung hin zur Gesundheit könnte dadurch schwierig werden, den hohen Stellenwert der Essentials zu gewährleisten. Siehe dazu die Recherchen des Dt. Dachverbandes auf www.tai-chi-qigong-verband.de/ und die Übungsanleitungen von Fu Zhongwen und der 1992 in Deutschland gegründeten Dt. Yongnian Gesellschaft.

Praxis der Tai-Chi-Prinzipien - Grundlagen-Training mit ausgewählten Übungen

Der Stellenwert des praktischen Übens wird beim Thema der Prinzipien oft übersehen, weil es ja zunächst um verbale Anweisungen geht - sowohl in den Taiji-Klassikern als auch in den Werken Yang Chengfus. Doch die Worte bilden nur die Oberfläche - ihre Tiefe erschließt sich nur dem beharrlich und ernsthaft Übenden. Für das Prinzipien-Training bieten sich kleine Sequenzen der Langform an - dazu nutzen wir u. a. die DTB-DVD, auf der die Praxis aller zehn wichtigen Punkte systematisch gelehrt wird.  Auch Qigong-Übungen können effektiv zur Beherrschung der Prinzipien genutzt werden. Interessant in diesem Zusammenhang sind die japanischen Nairiki-No-Gyo, die Mitte des 16. Jahrhunderts aus China nach Japan kamen. Da sie dort nie verändert wurden, stellen sie ein wichtiges historisches Übungsgut dar.

Termine der Seminare

Die aktuellen Termine und Zahl der freien Plätze erfragen Sie am besten per Telefon über die Zentrale Info-Stelle: (040) 2102123. Es gibt ganze Intensivwochen von Montag bis Freitag und auch Wochenenden von Freitag bis Sonntag viermal im Jahr. Sie sind unterschiedlich gelegt und man kann je nach Termin auch manchmal kombinieren und hat dann Unterricht von Freitag bis Freitag. Diese Taktung ermöglicht schnelleren Abschluß der Ausbildung. Man kann sich jedoch auch Zeit lassen, denn man bekommt bei Buchung ohnehin ein großes Zeitfenster von 24 Monaten.

Die Zehn Tai-Chi-Prinzipien - Richtig Lernen und Richtig Lehren

Laut DTB-Recherchen zur Pädagogik des "Richtig Lernens und Lehrens" übersehen Lehrende beim Unterrichten von Yang Chengfus Taiji-Prinzipien oft die nötige Grundsatz-Entscheidung. Für chinesische Lehrmeister sowie für deutsche Lehrer, die deren esoterischer Weltanschauung folgen, sind die Prinzipien "eherne Gebote", während moderne Lehrer westlicher Erwachsenenbildung oft von einer Art "Taiji-Grundgesetz" sprechen und kritischen Faktencheck unterstützen. Mit dieser "Gretchenfrage" steht jeder Lehrer vor dem Entweder-Oder-Scheideweg zwischen Fundamentalismus und Forschung - beides zusammen wird nicht gehen!

Yang-Chengfu-Tai-Chi-Chuan: Training der Essentials mit Dr. Langhoff

Die Prinzipien sind auch für unsere "Yang-Chengfu-Taijiquan-Gruppe maßgeblich und darüber hinaus ein zentrales Bindeglied, das die Qualität korrekten Trainings sichert. Wir berücksichtigen Formulierungen von Yang Chengfu, Fu Zongwen und Yang Zhenduo. Die letzteren haben in Hamburg praktische Übungen und Grundlagen dafür persönlich unterrichtet.

Bei den Vorgaben für die korrekte Beherrschung des "chinesischen Schattenboxens" handelt es sich größtenteils um Vorlagen, Sprüche und Merkverse aus den "Tai-Chi-Klassikern", die auch in der Familie Yang seit Yang Luchan überliefert und verehrt wurden. Viele überschätzen indes den Wortlaut und die Kommentare - der Altmeister selbst betont, dass der Schüler weit mehr tun muß als sie nur zur Kenntnis zu nehmen: Gefordert sind sorgfältiges Bemühen um die dahinterliegende Bedeutung. Laut Schüler Cheng Manching betonte der Altmeister stets, dass das Kampfkunst-Verständnis ohne die Kenntnis der Prinzipien schwierig wäre selbst wenn man drei Leben lang lernen würde! Doch selbstverständlich sollte man solche "Deutungshoheit" stets "con grano salis" nehmen.

Jeder, der sich ernsthaft mit dem Yang-Stil beschäftigt und ihn richtig ausüben möchte, sollte zunächst verstehen, daß die in Yangs Tai-Chi-Prinzipien vorausgesetzte Entspannung (SUNG) nicht das Ziel der Prinzipien darstellt sondern lediglich die Methode: Ziel ist die Entwicklung der Inneren Kraft - und die kann man nicht direkt absichtlich angehen; vielmehr bekommt man sie "ungewollt" "quasi automatisch geschenkt" als Ergebnis des steten Trainings.

Die "Essentiellen Punkte des Yang-Chengfu-Taijiquan" werden extrem unterschiedlich übersetzt. Das gilt für die Übersetzungen aus dem chinesischen sowie die Übersetzungen aus dem Englischen. Dabei kommt es nicht selten zu falscher Wiedergabe. Diese werden auf dieser Unterseite gelistet. Es werden Vorschläge zur Korrektur diskutiert. Eine sehr bekannte Wiedergabe ist die von Fu Shengyuan, die auf seinen Vater Fu Zhongwen zurückgeht. Dieser hat lange Jahre direkt von Yang Chengfu gelernt.

In der Fachwelt finden sich unterschiedliche Reihenfolgen und Auflistungen. Die auf Yang Chengfu zurückgehende hat sich weitgehend durchgesetzt. Zwischenzeitlich hatte Yang Zhenduo eine von seinem Vater abweichende Zählweise unterrichtet - so auf seinem Seminaren beim Tai Chi Zentrum Hamburg eV und auf den in den USA produzierten Lehrvideos mit Yang Jun.

Zudem kann man natürlich nach Zusammenhängen logischer oder inhaltlicher Natur suchen. Dabei ordnet z. B. Dave Barrett die Essentiellen Punkte drei unterschiedlichen Gruppen zu:

Was viele Praktizierende nicht wissen: Yang Chengfu betonte in frühen Jahren 13 grundsätzliche Prinzipien, aus denen später 10 wurden. Es fielen folgende drei weg, ohne dass der Text der übrigen geändert wurde (!):

 

 Innere Kraft, Resilienz-Training, Qi-Energie - wie findet man den  richtigen Lehrer?

DTB-Trainer Dr. Langhoff: Die Stärkung der "Inneren Kraft" ist ein zentrales Ziel chinesischer Gesundheitsübungen wie Taiji und Qigong. Entscheidend ist dabei für mich die Übertragbarkeit in den Alltag. Man kann auch von "Resilienz" sprechen. Damit wird eine physisch-psychische innere Kraft bezeichnet, die hilft, nach Schicksalschlägen oder Mißerfolgen nicht aufzugeben sondern wieder aufzustehen. In der Szene hört man es überall "Wer Tai Chi übt, erlangt die robuste Gesundheit eines Holzfällers, die Gelenkigkeit eines Kindes und die Gelassenheit eines Weisen". Das klingt gut und ist ja auch nicht falsch. Doch es gilt auch: Werbe-Versprechen chinesischer Meister zum Bereich "Qi-Energie" sollten stets kritsch betrachtet werden. Letztlich bilden sie mit ihrer Esoterik-Folklore eine fragwürdige Art "Lebenshilfe", die mit westlicher Erwachsenenbildung und Gesundheitsbildung unvereinbar ist. Hinter den Kulissen ihrer Narrative geht es durchweg um etwas ganz anderes. Ich habe aus den Fehlern meiner anfänglichen Naivheit gelernt und mich von mehreren meiner ehemaligen chinesischen Lehrmeister distanziert. Der Weg zum erfolgreichen Training wird dabei insbesondere verbaut durch das, was ich gern "Beliebigkeit" nenne. Dahinter steht typischerweise "Nichtwissen-Wollen" oder "Nichtwissen-Sollen". Dieses typische Szene-Narrativ könnte man aufhübschend als "Professionelle Vagheit" bezeichnen. Überraschend für mich und deprimierend zugleich ist, daß ein Großteil von Praktizierenden genau solche "Infotainment-Erzählmuster" gut finden oder zumindest tolerieren. Bei der Lehrersuche geht es ihnen also genau genommen nicht um die "richtige Schule" sondern um die "für sie passende Schule". Quelle: Innere Kraft ("Qi")mit Tai Chi und Qigong.

Die Prinzipien - unterschiedliche Interpretationen bei Schulen

In der DTB-Lehrer-Checkliste spielt ein Kriterium eine entscheidende Rolle: Die Yang-Style-Essentials bzw. die 10 Yang-Chengfu-Tai-Chi-Prinzipien. Das Besondere: Sie werden sicherlich von jeder Yang-Stil-Schule als verbindliche Grundsätze des Unterrichtens anerkannt. Oft hat es einen Status, der einem "Grundgesetz" vergleichbar ist. Dabei gibt es eine Art "Shiboleth, mit dem man die Spreu vom Weizen trennen kann": Typischerweise folgen fundamentalistisch orientierte Lehrer dabei Yang Chengfus Irrtümern, während offene, verantwortlich Lehrende diese Grundsätze in ihrem Unterricht an die Erkenntnisse wissenschaftlicher Forschung anpassen werden. An der unterschiedlichen Auslegung der Prinzipien kann also auch ein Laie die Wahl einer geeigneten Schule deutlich eingrenzen. Die jeweilige Interpretation der Yang-Chengfu-Kommentare sagt dabei sehr viel über die innere Haltung des Lehrenden aus. Auch hier helfen die TCZ-Experten europaweit gern detailliert mit Rat und Tat: Yang Chengfu Tai Chi Chuan Center.

Die Prinzipien - unterschiedliche Sehweisen innerhalb der Yang-Familie

Innerhalb der Yang-Familie ergibt sich kein einheitliches Bild zum Stellenwert der Prinzipien. Der Hongkong-Clan mit seinem älteren, authentischen Familienerbe hält fest an der Zahl von 13 Prinzipien, während der "Seattle-Shanxi-Clan" die auf 10 gekürzte Fassung lehrt. Dabei ist Yang Zhenduo vor einiger Zeit von seiner eigenen Zählweise abgewichen und benutzt wieder die von Yang Chengfu. Er sieht in den Essentials die Garantie für "gutes Tai Chi" während sein Enkel Yang Jun ja in einem youtube-Interview mit Mad-Decode die abweichende Meinung vertritt, die Prinzipien wären das offizielle Association-Kritierium für "traditionelles Tai Chi" (!). Siehe auch www.yang-chengfu-center.posture-inside.com/p-prinzipien.html.

Yang Chengfu Center und die Tai-Chi-Prinzipien

Die vom "Shanxi-Seattle-Clan" schriftlich zertifizierten "Yang Chengfu Taijiquan Center" gelten ihrer Community als "alleiniger autorisierter Hüter des traditional Yang Family Tai Chi Chuan". Der zentrale Bezug auf den Standardisierer Yang Chengfu und auf seine Weltsicht und Lehrinhalte weist auch den Prinzipien eine wichtige Rolle zu, da in ihr alles enthalten sein soll, was "richtiges Tai Chi" auszeichnet. Doch gerade diese Essentials enthalten Mängel und Defizite, die auch dem Ansehen von Yang Juns und Yang Zhenduos "International Association" nachhaltig schadet - jedenfalls bei solchen Lehrern, die verantwortungsvoll und ideologie-frei unterrichten.

Massiver Mitgliederschwund: Kürzlich teilte Yang Juns "International Association" mit, daß ca. zwei Drittel aller Mitglieder über die vergangene Dekade wieder ausgetreten sind - der verbleibende Rest ist weltweit verteilt und bildet eine weitgehend isolierte Community. Die signifikante Schwächung der Glaubensgemeinschaft für das "traditional Yang Family Taijiquan" ist u. a. der Tatsache geschuldet, daß sie nicht durch eine einheitliche Corporate Identity erkennbar ist: Jedes Yang Chengfu Center bastelt sich eine eigene Innere Haltung aus der Mission des Meisters. Diese ist übrigens an keiner Stelle in ihrem vollen Umfang dargestellt, sodaß vieles der Gefolgschaft unbekannt bleiben muß. Die Folge ist bekannt: Die Ideologie der "Heilsbotschaft zum Wohle der Menschheit" wird unzureichend kommuniziert und die Inhalte des Lehrstoffs der Yang-Jun-Seminare werden unrichtig wiedergegeben.

Angesichts dieser Intransparenz kommt dem DTB-Projekt einer europa-weiten EU-Zertifizierung eine zentrale Rolle zu. Siehe dazu das Stundenbild hier: Yang-Chengfu-Tai-Chi-Center: Stundenbild.

 

Update: Beurteilung der "Essentials" von Dr. Langhoff

Dr. Langhoff: "Meine Beurteilung der "Essentials" ist im Laufe der Zeit wesentlich differenzierter und kritischer geworden. Ich nutze u. a. die Erkenntnisse von T. Threadgill und die Faszien-Forschung. Den vielen "Yang-Chengfu-Glaubensgemeinschaften" kann ich nichts abgewinnen - sie disqualifizieren sich selbst, wenn sie "GLAUBEN-MÜSSEN" dem "WISSEN-WOLLEN" vorziehen, weil sie anders nicht im Ranking aufsteigen (!)". Quelle: Tai Chi Prinzipien.

Dr. Langhoff über seine Sicht der "Essentiellen Punkte"

Der DTB-Ausbilder und Lehrer vieler Yang-Chengfu-Taiji-Gruppen Dr. Stephan Langhoff ist ein ausgewiesener Kenner der Yang-Chengfu-Form und der ihr zugrundeliegenden Essentials. Für ihn bilden die zehn Punkte sozusagen die "Yang-Stil-DNA" und damit die "Yang-Stil-Seele, die stets möglichst unverwässert und mit dem nötigen Fachwissen und Verständnis unterrichtet werden sollte. Er betont die Wichtigkeit der eigenen Übe-Praxis beim korrekten Verständnis der Essentials und verweist auf eine Aussage von GM Yang Zhenduo , derzufolge sie keine "disembodied qualities" seien. Statt kopflastiger Betrachtung sollte man sie anhand praktischer Übungen stets im eigenen Training ergründen. Der Dachverband DTB eV hat dazu eigene Lehrvideos produziert, die die Grundlage der Lehrerausbildung sind. Eine von Dr. Langhoff kommentierte Liste der Essentials findet sich auf www.prinzipien.tai-chi-verband.de/.

Dr. Langhoff: Zunächst ein Hinweis: Ziel meines Unterrichts - besonders in der Aus- und Fortbildung von Lehrenden - ist die Bildung gefestigter Persönlichkeiten, die mit ihren Kompetenzen und Kenntnissen übergreifend-virtuos umgehen können sollen. Sklavisches Hängen an Worten wie man es häufig in Yang-Stil-Glaubensgemeinschaften findet, ist m. E. keine Lösung des Problems sondern nur ein Teil desselben. Bei der Interpretation der Prinzipien sollte man gemäß der bekannten Übersetzer-Regel stets "so wörtlich wie möglich und so frei wie nötig“ verfahren. Esoterische Begrifflichkeiten dabei unkommentiert einfach zu übernehmen halte ich für unvertretbar.

Yang-Stilisten zweckentfremden die Zehn Prinzipien oft, indem sie sie als Beweis interpretieren für die These, es gäbe eine klare Zugehörigkeit von Schulen zu ENTWEDER "inneren" ODER "äußeren" Kampfkünsten. Doch eher belegen die alten Schriften: Es gibt nur "schlechte innere Kampfkünste" und durch die Befolgung der Essentials werden daraus "gute innere Kampfkünste"! S. dazu Mike Sigman: "Much of what we see in the broader medium range are people with limited whole-body usage, but who can use linear jin, to some degree. Bear in mind that all Chinese martial-arts, when done correctly, are going to have degrees of qi and jin in them, so for the most part what we see in many "Taiji experts" is really no more than basic CMA demonstrations of qi and jin to students who don't know any better. Actually, the teacher often doesn't know where he is in that sort of scale, so he thinks he's doing pretty pure and honest "Taijiquan" Quelle: https://www.facebook.com/groups/349208698527821/permalink/1482650571850289.

Ich unterrichte die Prinzipien besonders gern auf meinen Intensiv-Seminaren, da dann immer genügend Zeit für Details und Nachfragen zu diesen zentralen Grundsätzen ist. Auch machen wir dabei Lehrproben, bei denen meine Schüler einer Kleingruppe ein bestimmtes Prinzip erklären müssen, so wie sie es selber verstehen. Dabei kann man dann sehr schön unzureichende oder falsche Interpretationen erkennen, die von den zudem ja auch recht vagen Texten her nicht belegbar sind. Mir ist auch wichtig, daß meine Schüler kritisch bleiben und auch Irrtümer erkennen wie Yang Chengfus Fehleinschätzung, ausschließlich Tai Chi, Bagua und Xinyi nutzen diese Martial-Arts-Internals. Ich zeige dann oft am Beispiel des 6. Prinzips "Nutze Gedankenkraft statt roher Körperkraft", daß japanische Künste wie Aikido, Judo, Jujutsu und selbst Karate dieses Prinzip schon immer zur Grundlage ihrer Methodik machten. Ich persönlich halte mich übrigens an die Prinzipien-Nummerierung von Yang Zhenduo, weil ich sie von ihm gelernt habe; doch halte ich die Nummerierung von Yang Chengfu für fachmännischer, wenn es um die Generierung der Inneren Kraft geht.

Ich werde oft gefragt, welches der Prinzipien das wichtigste sei. Ich habe bei der Antwort typischerweise "gemischte Gefühle" aber ich finde, daß es zunächst einmal eine exzellente Frage ist. Ich persönlich ändere übrigens alle paar Jahre meine Prioritäten. Meine Antwort fällt jedenfalls je nach dem Niveau und Zielsetzung des Ratsuchenden unterschiedlich aus. Anfängern rate ich, die zunächst die einfachsten für die wichtigsten zu wählen - also z. B. Nr 1 "Kopf aufrecht" oder Nr. 3 "Schultern, Ellbogen, Handgelenke lockern". Kampfkunst-Interessierten empfehle ich Nr. 6 "Voll und Leer unterscheiden", da dies Strategie und Taktik in der Selbstverteidigung besonders gut illustriert. Doch vielen Schülern ist auch die Meditation wichtig und sie versuche ich, für Nr. 7 zu begeistern "Das Innen führt das Außen". Diese Forderung nach "Körper-Geist-Einheit" ist übrigens, wie meine Schüler wissen, mein Favorit, da es m. E. ein ganz entscheidendes Fundament östlicher Kultur darstellt und dem Westler wohl besonders tiefe Erfahrungen vermitteln kann.

Jahrzehntelang habe ich übrigens die Meinung vertreten, daß ALLE Prinzipien GLEICH WICHTIG seien, aber seit einiger Zeit hinterfrage ich diese Sicht, denn sie ist ja nicht selbstverständlich. Ich denke zwar, daß sich "gutes oder richtiges Tai Chi Chuan" erst ergibt, wenn alle Prinzipien zugleich eingehalten werden, doch stellen sich eventuell "überproportionale Fortschritte" bereits dann ein, wenn man sich zunächst auf die "wichtigsten" beschränkt. Doch vielleicht dreht man sich dann im Kreise - denn man müßte ja wissen, welche die wichtigsten sind ...

Tai Chi Zentrum HH ev: Yang-Tai-Chi-Ausbildung Hamburg - mit Kassen-Zertifikat